Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrisen

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Bei der Diskussion um Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum wird häufig argumentiert, dies sei nur "virtuelles Pseudogeld" und kein echtes Geld, welches für reale Werte steht. Natürlich sind konventionelle Währungen stabiler als die bisherigen neuen Kryptowährungen, und dahinter stehen große Institutionen, welche sich für Stabilität, Sicherheit und Vertrauen einsetzen. Aber letztendlich sind auch konventionelle Währungen "virtuell" und können durch Krisen und institutionelle Entscheidungen ihren Wert verlieren.

Im Folgenden sind einige Ereignisse mit wichtigem Einfluss aufgelistet (meistens mit Fokus auf Deutschland), beispielsweise:
- der Goldstandard wurde aufgegeben,
- Hyperinflationen vernichten den Wert des Geldes,
- in zwei Währungsreformen wurde mit teilweise willkürlichen Regeln Geld entwertet,
- öffentliche Anleihen an Privatpersonen wurden für wertlos erklärt,
- Immobilienbesitzer mussten eine Lastenausgleichsabgabe von 50 % des berechneten Vermögenswertes zahlen,
- in der Finanzkrise 2008 verloren private Anleger Milliarden,
- und auch beim als wertstabil geltendem Gold gibt es Kurseinbrüche: 2013 um 36 %, 1983 um 54 %.


Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrisen mit dem Schwerpunkt Deutschland in den letzten 100 Jahren

1483: Papiergeld in Europa
In Europa wurde 1483 erstmalig Papiergeld eingeführt (in Spanien). In China gab es schon ca. 500 Jahre früher Papiergeld, welches aber nach heftigen Inflationen wieder abgeschafft wurde. In Deutschland wurde Papiergeld in 1705 eingeführt.
1637: Tulpenmanie
Die Tulpenmanie bis Februar 1637 gilt als die erste gut dokumentierte Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte. Der Tulpenhandel entwickelte sich zum Spekulationsgeschäft mit Leerverkäufen und Optionsscheinen. Eine einzelne Tulpenzwiebel einer seltenen Sorte kostete zuletzt mehr als ein teures Wohnhaus. Dann fielen innerhalb weniger Tage die Preise um über 95 %, weil sich keine Käufer mehr fanden und das Vertrauen schwand. Der Grund ist nicht eindeutig erklärbar. Viele Blumenzüchter und Händler waren anschließend hoch verschuldet. Aber der gesamtwirtschaftliche Schaden war verschmerzbar.
1914: Ende des Goldstandards in Deutschland
Von 1871 bis 1914 galt in Deutschland der "Goldstandard", bei der die Währung einen Anspruch auf Gold repräsentiert und zu einem festen Umtauschkurs in Gold eingetauscht werden konnte. In den USA galt der Goldstandard bis 1973. Aus heutiger Sicht sind sich Historiker, Volkswirte und der IWF weitgehend einig, dass der Goldstandard nicht zu einer Stabilisierung der Preise und der Konjunktur beitrug.
1923: Hyperinflation und Währungsreform
Von 1918 bis 1923 sank in Deutschland durch Drucken zusätzlichen Papiergeldes der Geldwert drastisch: alleine in 1923 um den Faktor eine Milliarde, über die fünf Jahre um den Faktor eine Billion. Im November 1923 wurde die "Papiermark"-Währung zum Wechselkurs von einer Billion ersetzt durch die zuerst Rentenmark und später Reichsmark genannte Währung. Erst 1928 erreichten die Reallöhne im Durchschnitt wieder das Niveau des Jahres 1913. Um auch Immobilienbesitzer an den Verlusten zu beteiligen, wurde die "Hauszinssteuer" eingeführt.
1929: Weltwirtschaftskrise
Die Weltwirtschaftskrise begann damit, dass nach dem wirtschaftlichen Boom in den USA eine Spekulationsblase auf Kreditbasis entstand, die in dem New Yorker Börsencrash im Oktober 1929 endete. Sie führte weltweit zur Zahlungsunfähigkeit vieler Unternehmen und massenhafter Arbeitslosigkeit, was soziales Elend und politische Krisen verursachte. Deflation und die "Große Depression" begannen, ein Drittel der USA-Banken wurde liquidiert, Protektionismus wurde etabliert, Demokratien brachen zusammen, und in Deutschland erstarkte der Nationalsozialismus.
1948: Währungsreform
Mit der Währungsreform im Juni 1948 wurde die Reichsmark abgelöst und die Deutschen Mark eingeführt. Das Tauschverhältnis war je nach Geldquelle sehr unterschiedlich, im Schnitt etwa 10 : 1, aber einiges wurde auch für wertlos erklärt, beispielsweise öffentliche Anleihen an Privatpersonen. Die Geldmenge wurde durch die Umstellung verringert.
1952: Lastenausgleichsgesetz
Zum finanziellen Ausgleich der Kriegsfolgen wurde 1952 im Lastenausgleichsgesetz eine Umverteilung beschlossen: Diejenigen, denen erhebliches Vermögen verblieben war, z.B. mit Immobilien, mussten eine Lastenausgleichsabgabe von 50 % des berechneten Vermögenswertes zahlen.
2000: Dotcom-Blase
Im März 2000 kam es in vielen Industrieländern zum Platzen einer Spekulationsblase, die insbesondere die so genannten Dotcom-Unternehmen betraf. Der DAX fiel von 8136 (7.3.2000) um 73 % auf 2203 (12.3.2003). Es dauerte fast 8 Jahre, bis der DAX seinen vorherigen Stand wieder erreichte. Siehe auch: Historische Verluste des DAX.
2002: Währungsumstellung auf Euro
Einige europäische Währungen werden durch den Euro ersetzt, die Deutsche Mark im Verhältnis 1,95583 : 1.
2008: Finanzkrise
Die nach der Immobilienblase in 2007 beginnende US-Immobilienkrise wegen fallender Immobilienpreise und insolventer Kreditnehmer führte in 2008 zu einer Finanz- und Bankenkrise, die anschließend auch weltweit die Realwirtschaft mitriss. Der DAX verlor 55 %. Nachdem die Insolvenz der Lehman-Bank, bei der private Anleger Milliarden verloren, die Bankenwelt stark erschütterte, wurden viele andere Banken mit Steuergeldern gerettet ("too big to fail"). Trotzdem erhielten viele Bankenvorstände Millionen an Boni-Zahlungen. Dies erinnerte an das Zitat von Karl Marx (1867): "Gewinne werden privatisiert – Verluste werden sozialisiert" .
2013: Gold-Kurssturz
Gold gilt als besonders wertstabil. Doch auch mit Gold kann es zu hohen Verlusten kommen. Von Ende 2012 bis Anfang 2014 fiel der Goldpreis in etwas mehr als 12 Monaten um 36 % von 1.377 €/oz auf 877 €/oz und hat auch lange danach nicht den alten Stand erreicht. Und in den Jahren nach 1983 fiel der Goldpreis sogar um 54 %, und benötigte 23 Jahre, um sich von dem Einbruch zu erholen.
2015: Griechenland-Krise
Zum Höhepunkt der Griechenland-Krise im Juli 2015 führt Griechenland Kapitalkontrollen ein: Jeder Kunde durfte von seinem eigenen Geld nur noch 60 Euro pro Tag in bar abheben.
2016: Bargeldreform in Indien
Indien schafft im November 2016 ohne Ankündigung über Nacht die 500- und 1000-Rupien-Scheine ab, welche 87 % des Bargelds ausmachten. Die alten Scheine mussten angemeldet und in neue Scheine getauscht werden. Dies sollte Korruption und Schwarzgeld bekämpfen.
2017: Hyperinflation in Venezuela
Im Jahr 2017 betrug die Inflationsrate in Venezuela 652 %.
2017: Kryptowährungen werden relevant
Seit 2009 gibt es mit dem Bitcoin die erste Kryptowährung. Aber erst seit 2017 werden Kryptowährungen und die Blockchain-Technologie von einer breiten Bevölkerungsschicht wahrgenommen. Seit April 2017 sind Bitcoins in Japan als offizielles Zahlungsmittel anerkannt. In Österreich kann man Bitcoins bei der Post kaufen und in der Schweiz an Automaten der Schweizer Bundesbahnen. Kryptowährungen entstanden, nachdem in der Finanzkrise in 2008 das Vertrauen in konventionelle Währungen und in die dahinter stehenden Institutionen massiv geschwächt wurde. Kryptowährungen sollen weltweit verwendbar sein, sich selbst regulieren und unabhängig von Notenbanken, Zentralbanken, Institutionen, Staaten und Politik funktionieren. Während den prinzipiellen Ideen zu den Kryptowährungen und der Blockchain eine große Zukunft prognostiziert wird, ist die Zukunft der bisher existierenden Kryptowährungen unsicher. Sowohl das derzeitige Geldwesen als auch die neuen Kryptowährungen werden kontrovers diskutiert, siehe auch Kontroverse Meinungen zum Geldwesen und den neuen Technologien.
2018: Deutsche Sparer verlieren dieses Jahr 28 Milliarden Euro
Laut Handelsblatt verlieren deutsche Sparer 28 Milliarden Euro in 2018, weil die Inflation deutlich höher als die Niedrigzinsen ist.
2020: Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie führt zu massiven Einbrüchen in der Wirtschaft. DAX und MSCI World brechen innerhalb eines Monats kurzzeitig stark ein: der MSCI World um 34 % und der DAX um 39 %, von 13.789 (19.2.) auf 8.442 Punkte (18.3.2020).



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