EAI (Enterprise Application Integration) ist eine IT-Infrastruktur in Form einer Middleware zur Kopplung von IT-Systemen,
meistens betriebswirtschaftlicher Systeme, wie z.B. ERP, SCM, CRM und E-Commerce-Software.
EAI ermöglicht IT-Systemintegration mit hoher Flexibilität, leichter Erweiterbarkeit sowie einfacher Änderung des Workflows und von Geschäftsprozessen und -abläufen.
EAI kann eine Grundlage für Portale, SOA (Service Oriented Architecture), BPI (Business Process Integration) und RTE (Real-time Enterprise) bilden.
Mittlerweile wird EAI verdrängt durch aktuellere Technologien wie:
SOA (Service Oriented Architecture) und ESB (Enterprise Service Bus).
Inhalt
- Vorteile für den Anwender
- Technische Vorteile
- Acht von Diebold definierte Grundanforderungen an EAI-Systeme
- Integrationsebenen
- Typische Komponenten einer EAI-Lösung
- Integrationstopologien
- Phasen einer EAI-Implementierung
- Kosten
- Vergleich einiger Application Server und EAI-Produkte
- Links auf weiterführende Informationen
Vorteile für den Anwender
- Geringere Kosten
Geringere Kosten durch vermehrte Automation, weniger Fehler, verkürzte Bearbeitungszeiten, verbesserte Zusammenarbeit und flexiblere Prozesse.
- Mehr Möglichkeiten
Die einfach einzurichtenden Verknüpfungen eröffnen neue und flexibel änderbare Nutzungsmöglichkeiten und Funktionalitäten.
- Datenkonsistenz
Werden gleiche Daten (z.B. Kundendaten) mehrfach, also redundant, gespeichert, entstehen Inkonsistenzen.
Per EAI werden Daten ausgetauscht und gemeinsam benutzt (Datenintegration).
- Kopplung trotz heterogener Softwaresysteme
EAI ermöglicht die Kopplung unterschiedlichster Softwaresysteme von verschiedenen Herstellern.
Man ist nicht gezwungen, sich auf nur einen Hersteller festzulegen.
- Vereinfachter Austausch einzelner Softwarekomponenten
EAI vereinfacht den Austausch einzelner Softwareprodukte (z.B. durch eine neue Release oder durch Software eines anderen Herstellers),
da die Kommunikation mit anderer Software über die zentrale EAI-Middleware verläuft und nur dort nur ein Adapter angepasst werden muss.
- Integration statt Migration
EAI ermöglicht die fortgesetzte Benutzung und Einbindung von Legacy-Systemen,
ohne dass aufwändiges Software Reengineering, Reverse Engineering und Reimplementierung notwendig werden.
- Flexible agile Geschäftsprozesse
EAI ermöglicht eine modulare Zusammenstellung der Geschäftsprozesse und -abläufe und
vereinfacht so Änderungen, was zu besserer Geschäftsprozessoptimierung (GPO / BPR) und leistungsfähigeren Abläufen führt.
Technische Vorteile
- Veringerte Komplexität durch weniger Schnittstellen
Bei n Softwaresystemen und vollständiger Integration wären bei Punkt-zu-Punkt-Verbindungen im Extremfall
n * (n-1) / 2 Verbindungen (und doppelt so viele Schnittstellen) erforderlich.
Ein EAI-Bus oder ein Middleware-Layer reduziert die Zahl der notwendigen Verbindungen auf n.
Dadurch reduziert sich der Erstellungs-, Administrations- und Wartungsaufwand.
- Trennung von Geschäftslogik und Schnittstellenprogrammierung
Die Modellierung der Geschäftslogik ist unabhängig von der Programmierung der Schnittstellen.
- Flexibilität, Wiederverwendbarkeit und Nutzung von Standards
Der modulare Aufbau und das standardisierte Vorgehen erlauben agiles Handeln.
- EAI als Ausgangsbasis für Portale
Portale zur GUI-Integration sind einfacher einzurichten, wenn eine EAI-Infrastruktur vorliegt.
Portale sind Webanwendungen, in der Inhalte, Dienste und Funktionen integriert werden.
Portale werden per Webbrowser benutzt und benötigen keine Installation beim Anwender.
Hier sind mit Portal nicht einfache Eingangswebseiten gemeint, die lediglich zu einem größeren Angebot an Informationen führen,
sondern Portale im engeren technischen Sinn.
Diese Portale basieren auf einem Portal Server und präsentieren verschiedene Anwendungsprogramme
in einzelnen Fenstern (Portlets) in einer einheitlichen Webanwendung.
Dabei ergeben sich Vorteile wie einheitliche Bedienung, Single-Sign-on,
anwendungsübergreifende Suchfunktionen,
einfach einzurichtende Kommunikation und Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Anwendungen und Daten
sowie benutzerspezifische Anpassung (Personalisierung).
- EAI als Ausgangsbasis für B2B, SCM, CRM, E-Commerce und Extranets
Automatisierte Business-to-Business-Kommunikation, Supply Chain Management, Customer Relationship Management und
integrierte Prozessketten über Unternehmensgrenzen hinweg setzen vereinheitlichten Zugriff auf viele verschiedene Daten und Funktionen voraus.
- EAI als Ausgangsbasis für SOA, BPI und RTE
Moderne IT-Strategien wie SOA (Service Oriented Architecture),
BPI (Business Process Integration) und RTE (Real-time Enterprise) benötigen EAI.
- EAI zur IT-Kopplung nach Fusionen
M&A (Mergers & Acquisitions) erforderen Kopplungen vorher getrennter IT-Systeme.
EAI ermöglicht dabei ein schrittweises Vorgehen bei laufendem Betrieb.
Acht von Diebold definierte Grundanforderungen an EAI-Systeme
- Adapter (Schnittstellenmodule)
Gibt es viele weitgehend vorgefertigte sowie schnell und kostengünstig einsetzbare Adapter?
Kann der Hersteller fehlende Adapter oder Anpassungen schnell anbieten?
- Datentransformation (Datenanpassung, Mapping)
Bietet das Werkzeug zur Erstellung von Transformationsregeln und deren Tests ausreichende Funktionalität,
unterstützt es Deklarieren statt Programmieren und ist es leicht bedienbar?
- Datentransport (per Middleware)
Ist Performance und Sicherheit gewährleistet?
Werden Transaktionen und wird sowohl synchrone wie auch asynchrone Kommunikation unterstützt?
- Business Rules (Abbildung der Geschäftsvorfälle)
Erfolgt die Definition durch Abgleich mit Business Plan, Marketing und Geschäftsprozessen?
Gibt es ein einfach zu bedienendes Werkzeug zur Erstellung, Modifikation und Verwaltung?
- Prozesssteuerung (Modellierung)
Können Definitionen zur Prozesssteuerung und Automatisierung von Anwendungen und Funktionen gemäß Geschäftsprozess
mittels grafischer Tools erstellt werden und aus anderen Werkzeugen importiert werden?
- B2B Gateway (Business-to-Business-Integration)
Werden alle gängigen Internet- und Business-Standards unterstützt (z.B. EDIFACT)?
- Entwicklungsumgebung (Erstellung individueller Adapter)
Gibt es Werkzeuge zur effizienten Erstellung individueller Adapter?
- Monitoring und Systemmanagement
Gibt es eine Managementkomponente zum Aufzeigen von Performanceengpässen und Entwicklungsbedarf?
Integrationsebenen
- Datenaustausch
Datenintegration, Remote Data Access,
z.B. per ODBC (Open DataBase Connectivity), JDBC (Java DataBase Connectivity) oder IDoc (Intermediate Document).
- Funktionsaufrufe
Meistens synchron (der Aufrufer muss auf die Antwort warten),
z.B. per RMI (Remote Method Invocation), RPC (Remote Procedure Call), RFC (Remote Function Call) oder BAPI® (Business Application Programming Interface).
Kann erweitert werden zum Distributed Transaction Processing, worüber ganze
Transaktionen nach den
ACID-Kriterien abgewickelt werden (Atomar, Consistent, Isolated und Durable).
- Object Middleware und Component Middleware
Alternative Konzepte mit Koordinationsdiensten zu Transaktionen, Ereignissen, Sicherheit und Bekanntmachung bilden
Object Middleware wie CORBA (Common Object Request Broker Architecture) und
Component Middleware wie EJB/JavaEE und DCOM/.NET.
- Web Services
Per XML, SOAP, WSDL und UDDI (siehe Web Services)
bis hin zu BPEL4WS (Business Process Execution Language for Web Services), ebXML (Electronic Business XML)
und SOA (Service Oriented Architecture).
- Nachrichten und Ereignisse
Sowohl synchrone als auch asynchrone Kommunikation mit Message Queues, MOM (Message Oriented Middleware) und Transaktionsmonitoren.
- Prozesse, Workflow
Business Integration, Integration auf Geschäftsprozessebene, Prozessmanagement, automatisierter Workflow, BPM, B2B.
- Portale
GUI-Integration durch Portale ("People Integration").
Typische Komponenten einer EAI-Lösung
- Adapter
Adapter sind Softwaremodule zur Anbindung an die verschiedenen Applikationen und Softwaresysteme.
- Transformation
Transformationswerkzeuge passen die Daten an (Mapping).
- Metadaten-Repository
Im Metadaten-Repository sind die Informationen und Regeln gespeichert über die Datenquellen und -ziele,
die Transformationsregeln und die Datenflussregeln.
- Messaging Server
Koordiniert und steuert den Datentransport.
Meistens als MOM (Message Oriented Middleware) mit Message Queues.
- ODS
Optional können ODS-Datenbanken (Operational Data Store) für operative Zwecke schnelleren Zugriff durch redundante Zwischenspeicherung von Daten bieten.
- Workflow
Es können auch Prozess- und Workflow-Management-Systeme integriert sein oder sogar die Basis bilden.
- Portal
Die EAI-Lösung kann durch ein Portal erweitert werden (siehe Portale).
Integrationstopologien
|
|
Point-to-Point / Peer-to-Peer
- Spaghettistruktur: Anwendungen werden direkt (1:1) miteinander verbunden
- nur bei wenigen Systemen und wenigen Verbindungen praktikabel
- einzelne Systeme nur mit hohem Aufwand austauschbar
- sehr unflexibel, keine Grundlage für SOA, BPM und Portal
- geringe Startkosten, hohe Folgekosten
|
|
|
Hub & Spoke
- Nachrichten werden vom zentralen Hub als Informationsdrehscheibe empfangen, transformiert und weitergeleitet
- besonders für n:m- und komplexe Datenverteilungsmechanismen geeignet
- zentraler Hub könnte bei hohen Transfervolumina zum Performance-Bottleneck (Flaschenhals) werden,
wenn nicht skalierbar
- einzelne Systeme mit geringem Aufwand austauschbar
- sehr flexibel, gute Grundlage für SOA, BPM und Portal
- hohe Startkosten, geringe Folgekosten
|
|
|
Bus / Pipeline / Publish & Subscribe
- Nachrichten werden über Bussystem verteilt,
Anbindung an den Bus über verteilte Software-Komponenten,
zentrales Repository enthält Business Rules
- besonders geeignet für:
- sehr hohe Performance-Ansprüche
- 1:n Datenverteilung (z.B. Broadcasting)
- n:1 Datensammlung (z.B. Data Warehouse)
- wegen verteilter Architektur aufwändiger
- einzelne Systeme mit geringem Aufwand austauschbar
- sehr flexibel, gute Grundlage für SOA, BPM und Portal
- hohe Startkosten, geringe Folgekosten
|
Phasen einer EAI-Implementierung
- Erfassen der Geschäftsprozesse
Dokumentation der Geschäftsprozesse und der Ablauforganisation, zum Beispiel
per Flussdiagramm, EPK (ereignisgesteuerte Prozesskette) oder UML Use Cases.
- Anforderungsanalyse
Identifikation der Akteure (Auslöser von Interaktionen) und Modellierung der Integrationsanforderungen in UML-Use-Case-Diagrammen.
- Interaktionen
Identifikation der Interaktionen aus den UML-Use-Case-Diagrammen der Integrationsanforderungen und
Dokumentation der Interaktionen und Nachrichtenaustauschabfolgen in UML-Sequenz- bzw. Interaktionsdiagrammen,
möglichst inklusive Performance-Anforderungen als Constraints und Kommunikationslastprofile als Annotation.
- Detaillierung der Interaktionen
Zu jeder Interaktion werden in Tabellen die Attribute, Datentypen, Mengengerüste sowie Routing- und Mapping-Anforderungen dokumentiert.
Funktionale Eigenschaften und Nachrichtenereignisse werden mit Zustandsdiagrammen beschrieben.
- Schnittstellenspezifikation
Festlegung der Reihenfolge und Semantik der zu übertragenden Daten
sowie der Informationen zur Steuerung der Kommunikation, möglichst im selbstbeschreibenden XML-Format.
- Auswahl der EAI-Software
Identifizierung der zu berücksichtigenden Aspekte (z.B. Hersteller, Produktpositionierung, Produkteigenschaften, Administration, Training, Support).
Identifizierung von Ausschlusskriterien, Kriterienhauptgruppen, Kriteriengruppen und Einzelkriterien.
Bewertung zum Beispiel nach dem Gewichtungsbaum der UfAB-II-Methode (Unterlagen für Ausschreibung und Bewertung von IT-Leistungen der KBSt).
- Architektur und Implementierung
Entwurf der Integrationsarchitektur, Implementierung, Konfiguration, Test und Einführung.
Kosten
Die Softwarelizenzen liegen selten unter 20.000,- Euro und können auf weit über 200.000,- Euro wachsen.
Der durchschnittliche Aufwand für die Implementierung einer weiteren Schnittstelle bei einem bereits etabliertem EAI-System
wird sehr unterschiedlich zwischen 10 und 45 Arbeitstagen eingeschätzt.
Martin Raepple von avinci verglich 2003 in der Fallstudie "EAI mit Java EE und Open Source - Technologien, Kosten und Fallstudie"
die Kosten beim Einsatz einer Open-Source-Lösung mit denen einer kommerziellen Lösung.
Das vereinfachte Ergebnis ist, dass unter zehn Schnittstellen pro Jahr Open Source preiswerter ist,
darüber aber kommerzielle Lösungen (nach drei Jahren Betrieb).
Die Gesamtkosten teilten sich wie folgt auf (die Prozentangaben beziehen sich auf einen Dreijahreszeitraum):
EAI mit Open Source | |
kommerzielles EAI-S. | | |
12 % / 1 | 66.000,- € | |
41 % / 1 | 220.000,- € | |
Einmalig: Lizenzen EAI-Plattform und -Adapter sowie Implementierung EAI-Framework |
15 % / 3 | 28.000,- € | |
15 % / 3 | 26.000,- € | |
Pro Jahr: Wartung, Lizenzupdates und Weiterentwicklungen |
73 % / 3 | 134.000,- € | |
44 % / 3 | 77.000,- € | |
Pro Jahr: Implementierung von zehn Schnittstellen |
Die Kostenberechnung und -aufteilung hängt von vielen Faktoren ab,
zum Beispiel ob nur Daten- und Applikationsintegration oder auch weitergehende Business- und Prozessintegration einbezogen wird.
Deshalb kommt es zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen,
wie zum Beispiel der folgenden von Gartner genannten Aufteilung:
9 % | Software Licences |
43 % | Customization & Implementation |
26 % | Hardware |
14 % | IT Personal |
7 % | Maintenance |
1 % | Training |
Einteilung in Kategorien
EAI-Produkte werden manchmal nach folgenden Kategorien gruppiert (allerdings sind die Kategorien kaum noch relevant):
- Um EAI erweiterte Standardsoftware von Application-Server- und Infrastrukturspezialisten (z.B.
Bea/Oracle und
IBM)
- Um EAI erweiterte Standardsoftware von Datenbank- und ERP-Anbietern (z.B.
Oracle und
SAP®)
- Komplette EAI-Middleware-Systeme von etablierten EAI-Spezialisten (z.B.
Ascential (inkl. Mercator),
Tibco,
Vitria und
webMethods)
- Auf Standard-Java-EE-Application-Servern aufsetzende EAI-Produkte (z.B.
Inubit IS und
SoftProject X4)
- Open-Source-EAI-Frameworks (meistens basierend auf Java und XML, z.B.
openadapter,
OpenEAI und
Proteus),
in der Regel kombiniert mit einem MOM-JMS-Server (Message oriented Middleware, Java Messaging Service, z.B.
Softwired iBus MessageServer)
(so z.B. im Einsatz bei ADAM, Allianz Dresdner Asset Managament Deutschland)
- Zu EAI-Middleware konkurrierende auf SOAP Web Services basierende ESB-Systeme (Enterprise Service Bus)
(z.B.
Sonic ESB,
IBM Service Integration Bus,
Fiorano ESB und
Kenamea Web Messaging Platform)
Links auf weiterführende Informationen
- Born / Diercks, Abgeschirmt - Anwendungsintegration: grenzenlose Zusammenarbeit, iX 11/2003, Seite 88
- Meinhardt / Popp, Enterprise Portale und Enterprise Application Integration, 2002, 3898641600: http://hmd.dpunkt.de/225, Amazon.de
- Keller, Enterprise Application Integration, 2002, 3898641864: Amazon.de
- Kaib, Enterprise Application Integration, Grundlagen, Integrationsprodukte, Anwendungsbeispiele, 2002, 3824421631: Amazon.de
Weitere Themen: andere TechDocs
| Portale
| Application Server
| Web Services
| Homepage Torsten Horn
| Internet-Glossar
© 2002-2007 Torsten Horn, Aachen